Erdöl und dessen Nutzung im Alltag

Erdöl ist eine komplexe Mixtur aus vielen verschiedenen Molekülen. Aus dem aus oberflächlichen und tiefen Lagerstätten gewonnenen Rohöl lassen sich durch Raffination hunderte verschiedene Produkte herstellen. Die petrochemische Industrie entwickelt ständig neue Techniken, die eine besonders ökonomische und effiziente Produktion ermöglichen. Grundlage für die Herstellung von Treibstoffen, Kunststoffen, Arzneimitteln und vielen anderen Produkten ist die Raffination. Erdölraffinerien sind große Industrieanlagen, in denen aus Erdöl wertvolle Ausgangsstoffe für die moderne Wirtschaft gewonnen werden.
Die Raffinerie reinigt und zerlegt das Rohöl

Am Beginn des Raffinerieprozesses wird das Rohöl nach einer Reinigung in einem Röhrenofen auf 400° Grad Celsius erhitzt. Das hoch erhitzte Öl wird anschließend in einen mit mehreren Zwischenböden versehenen Destillationsturm geleitet. Alle Bestandteile des heißen Öls, bis auf die schwersten, verdampfen und steigen im Turm auf. Im Turm herrscht ein Temperaturgefälle, in den oberen Ebenen wird die Luft immer kühler. Die einzelnen Bestandteile des Rohöldampfes kondensieren oder gehen wieder in einen flüssigen Zustand über. Die schwereren Fraktionen des Erdöls kondensieren in den niedrigen Etagen des Turms, während die leichten Bestandteile weiter aufsteigen und sich in den höheren Destillationsböden sammeln. Auf diese Weise werden die einzelnen Bestandteile vom Asphalt und Schweröl bis hin zum Leichtöl und Benzin separiert. Die leichtesten Elemente sind Methan, Ethan, Propan und Butan. Sie kondensieren nicht, sondern werden als Gase aus dem Turm abgeführt und gesammelt.

Steigerung der Effizienz durch Cracking

Durch die Destillation werden bereits viele Komponenten gewonnen, doch ein großer Teil des Rohöls bleibt als sogenannter Sumpf übrig. Für die Verwertung des Sumpfes wird ein weiteres Verfahren eingesetzt: das Cracking. Durch Cracking werden in Konversionsanlagen große Ölmoleküle in kleinere Bruchstücke aufgespalten. Es lassen sich so deutlich mehr Stoffe aus dem Erdöl gewinnen, als dies nur mit der Destillation möglich wäre.

Das klassische Cracking nutzt Hitze und Druck zum Auslösen der erwünschten Prozesse. Eine weitere Methode ist die Zugabe eines Katalysators. Der Katalysator ist eine Substanz mit der Fähigkeit, die molekulare oder chemische Struktur der Öldämpfe zu ändern. Die durch Cracking erzeugten Öldämpfe werden anschließend einem Fraktionierungsturm zugeführt, der die neu geformten Komponenten abermals destilliert und separiert. Beim katalytischen Cracking-Verfahren wird der verbrauchte Katalysator abgeführt und im Regenerator für eine neue Nutzung im System aufbereitet. Mit einer Reihe weiterer Prozesse werden Ölmoleküle getrennt, zusammengesetzt oder neu zusammengesetzt. Andere Cracking-Methoden setzen Wasserstoff und 800° heißen Wasserdampf zur Aufspaltung der langen Molekülketten ein. Damit lassen sich auch Stoffe wie Ethylen, Propylen und Benzol gewinnen.

Durch eine sorgsame kontrollierte Produktion der raffinierten Produkte erhält die Industrie nicht nur Öle und Schmierstoffe, sondern auch die Ingredienzien für zahlreiche chemische Ausgangsstoffe. Sie bilden die Basis für die petrochemische Industrie. Neben der Automobilbranche setzt weitere Branchen wie die Kunststoff- und Gummiindustrie in hohem Umfang Öl-Derivate ein. Zahlreiche Kunststoffe, Seifen, Waschmittel und Kosmetika werden aus Derivaten des Erdöls hergestellt. Auch viele synthetische Stoffe und Textilien beinhalten Komponenten aus Erdöl.

Erdöl im täglichen Leben

Die meisten der aus Rohöl gewonnenen Stoffe sind Treibstoffe, die für Fahrzeuge, die Schifffahrt und die Luftfahrt genutzt werden. Aus einer Tonne Rohöl gewinnt die erdölverarbeitende Industrie:

3 % Asphalt
4 % Flüssiggas
10 % Kerosin
23 % Diesel und Heizöl
47 % Benzin
18 % andere Produkte

Produkte aus Erdöl spielen für Industrie und Verbraucher eine große Rolle. Nicht wegzudenken sind Derivate aus Öl für die Automobilindustrie. Dem Elektroauto wird eine große Zukunft prognostiziert, doch noch fahren die weitaus meisten Autos mit Benzin, Diesel oder Flüssiggas. Fast alle modernen Transportmittel benötigen zum Betrieb Öle und Schmierstoffe. Die zivile Luftfahrt ist ohne Kerosin nicht denkbar und auch die meisten Schiffe benötigen zum Vortrieb einen aus Erdöl gewonnenen Treibstoff. Heizöl wird zur Warmwasserversorgung und zur Beheizung von Wohnungen genutzt. Auch wenn der Trend aus Gründen der besseren Umweltverträglichkeit zu Erdgas geht, wird das Wasser in vielen Heizkörpern nach wie vor mit Heizöl gewärmt. Auch die in Notstromgeneratoren von Krankenhäusern produzierte Elektrizität wird mit großen, hubraumstarken Aggregaten erzeugt, die Diesel und Schmierstoffe benötigen.

Aus Erdöl gewonnene Stoffe sind in zahlreichen Produkten enthalten. Kerzen, synthetische Textilien, Fußballschuhe, DVDs, Motorradhelme, PET-Kunststoffflaschen und Waschmittel sind nur einige Beispiele. Die Rümpfe von Yachten und Segelboote werden unter Verwendung von glasfaserverstärkten Kunststoffen hergestellt, für deren Herstellung Öl genutzt wird. Die moderne Landwirtschaft benötigt Öl und Diesel für Traktoren und viele andere Fahrzeuge. Auch die auf den Feldern aufgebrachten Düngemittel und Pflanzenschutzmittel basieren auf Erdöl. Im militärischen Bereich benötigen alle Fahrzeuge und Fluggeräte Schmier- und Treibstoffe aus Erdöl. Unersetzlich sind auf Öl basierende Produkte in der Medizin und der Pharmazie. Für Medikamente, Bandagen und medizinische Verbrauchsmaterialien aller Art werden aus Raffination gewonnene Stoffe verwendet.

Erdöl begegnet uns überall

PVC (Polyvinylchlorid) wird für Fensterrahmen, Fußboden, und Schläuche verwendet. Polyurethan begegnet uns täglich in Form von Schaumstoffen, die zum Beispiel für die Polsterung genutzt werden. Das weiße, aufgeschäumte Polystyrol ist umgangssprachlich auch unter dem Handelsnamen Styropor bekannt. In der Verpackungsindustrie wird Polystrol zur Stoßdämpfung und zum Schutz kleiner wie großer Güter verwendet. Aus dem Kunststoff Polyethylen werden Gießkannen, Eimer, Behälter und Gehäuse aller Art gefertigt. Viele Handys und Monitore sind in einen Rahmen aus Polyethylen gefasst. Ein weiterer viel genutzter Stoff ist Polyamid. Verwendet wird es sowohl für Kunstfasern in Bettwäsche und Winterjacken wie im Maschinenbau. In diesem Bereich wird Polyamid wegen seiner harten, kristallinen Struktur geschätzt und für Bauteile wie Zahnräder genutzt. Für die Herstellung von Wasch- und Reinigungsmitteln setzt die Verbrauchsgüterindustrie Ethylenoxid ein. Dieser Stoff ist auch ein Vorstufeprodukt für die Herstellung von Polyester, das zum Beispiel in PET-Flaschen Verwendung findet.

Ein Tag ohne Erdöl ist schwer vorstellbar

Im Laufe eines Tages verwenden wir zahlreiche Produkte, die unter Verwendung von Rohöl hergestellt werden. Schauen wir uns hierzu die typische morgendliche Routine einer jungen Dame an. Nennen wir diese Dame einmal Laura.

Gegen 7 Uhr in der Früh klingelt Lauras Wecker, dessen Gehäuse aus Polyethylen besteht. Vor dem Aufstehen drückt sie ihren Kopf noch einmal in das mit Kunstfasern gefüllte Kopfkissen, bevor sie sich unter die Dusche stellt. Der Duschvorhang besteht aus Polyethylenvinylacetat (PEVA) und die Griffe der Mischbatterie aus Polyamid. Sie putzt sich die Zähne mit einer Zahnbürste, deren Griff und Borsten ebenfalls unter Verwendung von Erdöl hergestellt wurden. Auch die Zahnpasta beinhaltet aus der Raffination gewonnene Stoffe. Beim Waschen und Färben der Haare kommt Laura ebenso mit Produkten aus Erdöl in Berührung wie beim Auftragen von Lippenstift und Nagellack. Auch ihr Deodorant und ihr Parfum beinhalten Derivate aus Öl. Wenn Sie das Bad verlässt, sich ankleidet, die Kaffeemaschine anstellt und Ihr Smartphone auf eingegangene Nachrichten prüft, kommt sie mit weiteren ölhaltigen Produkten in Berührung. Auf der Fahrt zur Arbeit verbraucht Lauras Auto Benzin und Schmierstoffe. Auch die Reifen und der Asphalt, auf dem sie zur Arbeit rollt, kommen ohne Produkte der Petrochemie nicht aus.

Perspektiven für das schwarze Gold

Die Vielfalt an Produkten, die Erdöl beinhalten, ist beeindruckend und ein Ersatz für die Verwendung des schwarzen Goldes ist nicht in Sicht. In den vergangenen Jahrzehnten wurde des öfteren ein nahes Ende der weltweiten Erdölvorräte prophezeit, doch neue Erkundungsmöglichkeiten und innovative Verfahren der Erschließung ließen diese Prognosen immer wieder aufs Neue verfallen. In vielen Lagerstätten ist Erdöl in porösen Gesteinsformationen eingeschlossen. Mit dem umstrittenen Verfahren des Crackings lassen sich auch diese Erdölquellen erschließen. Bis ein überzeugendes und umweltfreundliches Verfahren entwickelt wird, trifft diese Methode in vielen Ländern jedoch auf Widerstände von Politik und Gesellschaft. Noch unbekannt sind Ausmaß und Gehalt vieler maritimer Lagerstätten. Auch in diesen Bereichen sind Vorkehrungen nötig, um im Zuge einer Erschließung negative Auswirkungen auf Natur und Menschen zu verhindern.

 

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Thomas Bremer

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